Alle kennen es, wenige wissen, was hilft und fühlen sich entsprechend verloren. Doch was kann man gegen Aufregung und Nervosität vor einem Wettkampf tun? Woher kommt das überhaupt und ist Aufregung immer schlecht?

Warum sind wir vor einem Wettkampf nervös und aufgeregt?

Bereits in einem vorigen Artikel habe ich die Ursachen für Aufregung und Nervosität vor einem Wettkampf dargestellt. Sie lassen sich vereinfacht mit Ungewissheit und Angst vor Konsequenzen zusammenfassen. Wenn wir genau wüssten, was passiert und davon überzeugt wären, dass am Ende alles gut ist, wären deutlich weniger nervös.

Hier nochmal die Übersicht der Gründe, weswegen du im Wettkampf nervös wirst

  1. Du kennst deine Stärken nicht.
  2. Du bist nicht ausreichend erholt.
  3. Du kannst dich nicht realistisch selbt einschätzen.
  4. Du bist nicht an die Wettkampfsituation gewöhnt.
  5. Du hast ein schlechtes Gesamtbild von dir.
  6. Du hast keinen Handlungsplan für den Wettkampf.

Von diesen Punkten ist meiner Meinung nach der vierte am relevantesten. Aus diesem Grund geht es nachfolgend auch um die Gewöhnung an den Wettkampf. Damit gelingt dir ein Einstieg ins Mentaltraining und du verbesserst die Umsetzung deiner Leistung im Wettkampf.

Was kann man gegen Aufregung und Nervosität vor einem Wettkampf tun?

In der Tat ist Nervosität noch gar nicht so lange erforscht. Daher ist es nicht verwunderlich, dass man sich insbesondere im Sport erst seit wenigen Jahrzehnten mit dieser Thematik und deren Lösung beschäftigt.

Auch der Umgang Nervosität und Aufregung vor einem Wettkampf muss trainiert werden. Dazu dienen uns die vier Bereiche, die das Training vom Wettkampf unterscheiden.

  1. Kontext
  2. Zustand
  3. Bedingung
  4. Stimmung

Wenn du es schaffst, diese vier Bereich in dein regelmäßiges Training zu integrieren, dann wird der Wettkampf für dich automatisch einfacher werden.

Kontext

Deinen Trainingsort kennst du genau. Du weißt, wo Eingänge und Umkleiden sind und kennst jede Bodenwelle mit Vornamen. Doch was ist, wenn der Wettkampf nicht in deiner gewohnten Umgebung stattfindet? Was ist, wenn es in einer riesigen Arena bzw. einem Stadion mit hunderten oder sogar tausenden Zuschauern stattfindet? Und nicht nur Zuschauer sondern auch andere Sportlerinnen und Sportler mit ihrem Trainerteam.

All das hat am Wettkampftag einen starken Einfluss auf dich… es macht dich nervös. Hier gebe ich dir ein paar Tipps, wie du den Kontext in dein Training integrieren kannst

Gestalte dein Training wettkampfnah

Im Wettkampf gibt es spezielle Regeln, Schiedsrichter, Wettkampfkleidung, etc. Im Training auch?

Wenn nicht, ist es Zeit, das zu ändern. Mach dein Training zum großen Moment. Zieh deine Wettkampfkleidung an, genauso wie am Wettkampftag. Lass Trainer und Trainerinnen oder andere aus deiner Trainingsgruppe als Schiedsrichter auftreten.

All das klingt nach Kleinigkeiten, macht aber manchmal einen bedeutenden Unterschied.

Trainiere mit Zuschauern

Es müssen nicht gleich hundert sein. Drei reichen am Anfang auch aus. Lade Eltern, Freunde oder Leute aus einer anderen Trainingsgruppe ein, dein Training zu kommentieren. Du denkst jetzt „dann kann ich mich ja aber gar nicht aufs Training konzentrieren“? Sehr gut. Dann ist das genau die richtige Methode. Denn wenn du dich im Training unter Ablenkung nicht konzentrieren kannst, wirst du es im Wettkampf auch nicht hinbekommen. Zugegeben, du musst nicht jede Einheit mit deiner gesamten Familie verbringen, aber ein paar mal (besonders vorm Wettkampf) solltest du Zuschauer dabei haben.

Eine etwas abgespreckte Variante ist, über einen Monitor oder Projektor ein Video von einer Wettkampfveranstaltung mit Zuschauern laufen zu lassen.

Besuche vorher den Wettkampfort

Wie fühlt es sich an, in einer anderen Wettkampfstätte zu sein? Weißt du, wo du alles findest?

Versuche evtl. am Tag vor dem Wettkampf, wenn ihr schon angereist seid, die Wettkampfstätte zu besuchen. Mach dich mit so vielen Bereichen wie möglich vertraut. Mach auch gern ein paar Fotos. Stell dir vor, wie hier der Wettkampf stattfinden wird, wie du hier deinen Lieblingssport ausüben darfst. Visualisiere so viele Details wie möglich vor deinem inneren Auge.

Du wirst dabei langsam nervös und aufgeregt? Gut so! Dann ist es morgen schon etwas weniger.

Wenn du nicht die Möglichkeit hast, den Wettkampfort zu besuchen, schau dir zumindest ein paar Bilder davon im Vorhinein an. Versuche auch hierbei, dir möglichst detailliert den Wettkampf an diesem Ort vorzustellen.

Zustand

Wie lange geht eine Trainingseinheit? Zwei Stunden, drei Stunden?

Wie lange dauert ein Wettkampf? Einen ganzen Tag? Hinzu kommt, dass du evtl. mehrere Wettkämpfe in möglicherweise unterschiedlichen Disziplinen an einem Tag hast. Dazwischen sind Pausen und du musst dich immer wieder für die nächste Hochleistungsphase aufwärmen und bereitmachen.

Hast du diesen Ablauf auch in gleicher Art im Training? Wenn nicht, dann wird es Zeit. Ein paar Mal sollest du vor dem Wettkampf den Ablauf durchspielen, um dich an den Zustand zu gewöhnen. Wenn du am Ende richtig erschöpft bist, dann ist der Moment gekommen, nochmal richtig Stress zu suchen. Im nächsten Abschnitt erfährst du, wie du das machst.

Bedingung

Training bedeutet Wiederholung. Du wiederholst eine Technik oder eine Übung immer wieder. Genau dazu ist das Training auch da.

Im Wettkampf hast du jedoch das Problem, dass es nur eine begrenzte Anzahl an Versuchen gibt. Im Zweifelsfall: GENAU EINEN. Da liegt das Problem vieler, weswegen sie im Wettkampf nervös und aufgeregt werden.

Es gibt aber nicht nur eine begrenzte Anzahl an Versuchen, sondern mit Erfolg oder Misserfolg sind auch Konsequenzen verbunden. Klappt es, hast du „Leistung gezeigt“. Klappt es nicht, hast du „versagt“. Zumindest ist es oftmals in unseren Köpfen so hinterlegt, was ein zusätzlicher Faktor für Aufregung und Nervosität im Wettkampf ist. Wir werden beobachtet und bewertet.

Genau das kannst du aber sehr leicht in dein Training integrieren. Mach z.B. immer am Ende „den einen Versuch“. Das kann ein Gefecht auf Punkte sein oder ein Lauf auf Zeit, ein Sprung auf Höhe, ein Elfmeter…worauf es eben bei deiner Sportart ankommt. Kombinier das mit dem Erschöpfungzustand und baue zusätzlichen Druck durch Schiedsrichter oder Zuschauer auf.

WICHTIG dabei ist: Betrüge dich nicht selbst. Es gibt GENAU EINEN Versuch. Wenn der misslingt, dann ist es eben so. Du wirst sehen, dass du von Training zu Training souveräner wirst. Am Ende gehört es zum Trainingsalltag. Aber denk dran, wenn es dich nicht mehr stört, ist es kein Training mehr und du musst die Konsequenzen drastischer gestalten. Veröffentliche z.B. deine Ergebnisse online oder mach ein Live-Video von deinem einen Versuch. Sei kreativ und binde deine Trainerinnen und Trainer mit ein.

Stimmung

Der letzte und vielleicht wichtigste Punkt ist die Stimmung. Im Training versuchen wir meist eine gute Stimmung und viel Spaß zu haben. Im Wettkampf sind wir angespannt, nervös, aufgeregt und viel ernster. Es geht schließlich um etwas.

Die Zauberformel lautet: Trainingsernst = Wettkampfspaß. Du sollst natürlich nicht dein Training zur Horrorshow machen, um im Wettkampf nicht mehr aufgeregt und nervös zu sein. Hier geht es darum, im Training eine ambitionierte und konzentrierte Grundstimmung zu haben. In Kombination mit den Maßnahmen zu Kontext, Zustand und Bedingung wird sich von ganz alleine wettkampfnahe Stimmung einstellen.

Genauso wichtig ist es, eine lockere postive Stimmung aus den Trainingseinheiten mit in den Wettkampf zu nehmen. Dabei helfen Rituale und Routinen. Was ist es, weswegen du im Training gut gelaunt bist? Sind es deine Trainingspartnerinnen und -partner? Ist es ein lockerer Umgang mit den Trainerinnen und Trainern? Analysiere einmal dein Training diesbezüglich. Blödelt und tanzt ihr im Training herum und seid albern? Gut so! Dann macht das bitte auch im Wettkampf. Im Anschluss daran ist es wichtig, dass du dich gezielt wieder fokussieren kannst. Wenn du ein paar Tipps dazu brauchst, dann schau dir gerne meine anderen Artikel an. Zum Beispiel diesen.

Sind Aufregung und Nervosität vor einem Wettkampf immer schlecht?

Die knappe Antwort lautet: Nein. Denn Aufregung und Nervosität vor einem Wettkampf tragen dazu bei, dich zu aktivieren und sorgen für eine gewisse Grundspannung. Wenn diese Gefühle im Wettkampf aufkommen, dann erinner dich an dein Training. Du hast alles bereits erlebt.

Die in diesem Artikel beschriebene Gewöhnung an die Wettkampfsituation ist eine Variante von vielen. Wenn sie bei dir noch nicht den gewünschten Erfolg hat oder du weitere Fragen hast, dann schreib mich gerne an und ich helfe dir weiter.